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Worum
geht es in dem Modellversuch?
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Welche
primäre Zielsetzung wird mit der Studie verfolgt?
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Wer
kann an dem Modellversuch teilnehmen?
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Warum
bekommen nicht alle in die Studie eingeschlossenen
Patienten Heroin?
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Wie
sieht die psychosoziale Begleitung der Patienten aus?
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Welche
Städte sind in welchem Umfang beteiligt?
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Wie
läuft die Medikamentenvergabe praktisch ab?
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Ist
im Umfeld der Vergabestellen mit Beeinträchtigungen zu
rechnen?
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Wie
sieht der derzeitige Zeitplan aus?
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Wo
bekomme ich weitergehende Informationen?
1. Worum
geht es in dem Modellversuch?
Ø
Das
Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger
wird von einer gemeinsamen Initiative des
Bundesministeriums für Gesundheit, der Länder Hamburg,
Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sowie der Städte
Bonn, Frankfurt, Hannover, Karlsruhe, Köln und München
getragen und durch die Bundesärztekammer begleitet.
Ø
Mit
der wissenschaftlichen Planung und Durchführung der
Studie ist Prof. Dr. Christian Haasen vom Zentrum für
Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg (ZIS)
beauftragt.
Ø Im
Rahmen einer wissenschaftlichen Studie erhalten Drogenabhängige,
die vom Drogenhilfesystem nicht erreicht werden bzw. bei denen in der Vergangenheit keine
Drogentherapien erfolgreich
waren oder bei denen die Methadonsubstitution nicht
befriedigend verläuft, versuchsweise injizierbares Heroin
als Medikament; eine Kontrollgruppe bekommt parallel die
Ersatzdroge Methadon. Beide Gruppen werden regelmäßig
medizinisch betreut und erhalten eine psychosoziale
Begleittherapie.
Ø In
die Untersuchung werden 1.120 Opiatabhängige aus sieben
deutschen Städten einbezogen. Die Studie erfolgt als Klinische
Arzneimittelprüfung, die nach den Leitlinien „Guter
Klinischer Praxis“ (Good Clinical Practice) durchgeführt
wird. Sie ist die Voraussetzung für eine mögliche Zulassung
von injizierbarem Heroin als Arzneimittel in Deutschland.
|nach
oben|
2. Welche
primäre Zielsetzung wird mit der Studie verfolgt?
Ø
Die
Zielsetzung der Studie ist es zu prüfen, ob mit der
medizinischen Vergabe von pharmakologisch reinem Heroin in
einem strukturierten und kontrollierten Behandlungssetting für
bestimmte Gruppen von Heroinabhängigen die Ziele eher
erreicht werden, die sonst mit Standardbehandlungen der
Suchttherapie verknüpft sind – Schadensminimierung,
Integration ins Hilfesystem, Reduktion des illegalen Konsums
und der entsprechenden Begleitprobleme, gesundheitliche,
psychische und soziale Verbesserung und Stabilisierung,
Kontrolle und Überwindung der Abhängigkeit.
Ø
Konkret
soll festgestellt werden, inwieweit die heroingestützte
Behandlung im Vergleich zur Methadon-Substitution zu größeren
Effekten hinsichtlich
§
der Verbesserung des gesundheitlichen Zustands,
§
der Reduktion illegalen Drogenkonsums,
§
dem Rückgang der Delinquenz,
§
der Erhöhung der Erreichbarkeit und Haltekraft für die
Therapie,
§
der Loslösung aus dem Drogenkontext,
§
der sozialen Stabilisierung im Sinne der Aufnahme neuer
drogenfreier Kontakte, vermehrter Arbeitsfähigkeit,
finanzieller Sicherung, Stabilisierung der Wohnsituation und
§
der Aufnahme weiterführender Therapien
bei
bisher nicht wirksam erreichten oder nicht erfolgreich
behandelten Heroinabhängigen führt, und welches
Behandlungssetting sich als optimal hinsichtlich dieser Ziele
herausstellt.
Ø
Darüber hinaus geht es um die Untersuchung weiterer
versorgungsrelevanter Hypothesen:
§
Die Wirkungen der Heroinbehandlung werden in
unterschiedlichen psychosozialen Settings (Case Management mit
integrierter Motivierender Gesprächsführung vs.
Drogenberatung mit Psychoedukation) in ähnlichem Ausmaß
erreicht. Je nach definierter Zielgruppe der Heroinbehandlung
sowie der Phase und Intensität der Abhängigkeitskarriere können
innerhalb der Behandlungsgruppen Unterschiede hinsichtlich der
Adäquatheit des psychosozialen Verfahrens bestehen.
§
Die heroingestützte Behandlung ist in einem der Behandlung
mit oralem Methadon vergleichbaren Maße durchführbar und in
das bestehende Versorgungssystem unter Akzeptanz von Öffentlichkeit,
Umfeld und Betroffenen integrierbar.
§
Die Heroinbehandlung ist kosteneffektiv (Vermeidung
sozialer Kosten durch gesundheitliche Stabilisierung,
Vermeidung gesellschaftlicher Kosten durch Rückgang von
Kriminalität; Nutzen durch Rehabilitation).
|nach
oben|
3. Wer
kann an dem Modellversuch teilnehmen?
Ø
In
die Untersuchung werden zwei Gruppen behandlungsbedürftiger
Heroinabhängiger einbezogen: solche, die von der
Methadon-Substitution nicht hinreichend profitieren konnten
und jene, die mit dem vorhandenen Therapieangebot nicht
wirksam erreicht werden. Insgesamt können 1.120 opiatabhängige
Patienten an der Studie teilnehmen. Sie werden je zur Hälfte
der Experimental- (Heroin) und der Kontrollgruppe (Methadon) zugeordnet.
Ø
Die
zentralen Zugangsbedingungen sind:
§
Mindestalter von 23 Jahren
§
Opiatabhängigkeit von mindestens 5 Jahren
§
Aktuelle Hauptdiagnose der Opiatabhängigkeit nach den
Kriterien von ICD-10
§
Aktueller täglicher vorwiegend intravenöser Heroinkonsum
oder fortgesetzter Heroinkonsum unter der
Substitutionsbehandlung
§
Körperliche Krankheitssymptome, die einen schlechten
Gesundheitszustand anzeigen oder
aktuelle psychische Symptome bzw. Beeinträchtigungen
§
Keine Teilnahme an einer suchttherapeutischen Behandlung
(v. a. Substitution, ambulante oder stationäre Therapie)
mindestens innerhalb der letzten 6 Monate, aber dokumentierte
Vorerfahrung mit Drogentherapien oder
negativer Verlauf einer gemäß den Leitlinien der Bundesärztekammer
durchgeführten Substitutionsbehandlung
§
Wohnsitz bzw. gemeldeter Aufenthalt seit mindestens 12
Monaten in der betreffenden Stadt (bzw. Stadtstaat) oder
Region, die die Heroinbehandlung durchführt
|nach
oben|
4. Warum
bekommen nicht alle in die Studie eingeschlossenen Patienten
Heroin?
Ø
Die
Trennung in Experimental- und Kontrollgruppe ist bei einer klinischen
Arzneimittelprüfung (nach Phase III) – die für die mögliche Zulassung
von Heroin als Medikament Voraussetzung ist – aufgrund der
geltenden Forschungsstandards erforderlich: Wie bei den
meisten klinischen Prüfungen üblich, wird auch in dem
Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung die Wirkung der medikamentösen Therapie
bei der Experimentalgruppe (Heroin) mit der Wirkung eines
als Standardtherapie eingesetzten Medikaments bei der
Kontrollgruppe (Methadon) verglichen, um festzustellen, ob das
neue Medikament den vorhandenen gegenüber überlegen ist.
|nach
oben|
5. Wie
sieht die psychosoziale Begleitung
der Patienten aus?
Ø
Alle
am Modellversuch beteiligten Patienten erhalten neben der
medikamentösen Therapie mit Heroin bzw. Methadon eine
psychosoziale Begleitbehandlung. Nach dem Zufallsprinzip
werden sie dabei je zur Hälfte zwei verschiedenen
Behandlungen zugeteilt:
§
Drogenberatung in Verbindung mit Psychoedukation, einer
gruppentherapeutischen Interventionsform, oder
§
Case Management, ein individuell nachgehendes
Betreuungskonzept, in Kombination mit Motivierender Gesprächsführung.
Ø
An beiden Behandlungsformen nehmen je zur Hälfte Heroin-
und Methadon-Patienten teil. Im Rahmen des Modellversuchs wird
auch die Wirksamkeit der zwei Begleitbehandlungen miteinander
verglichen.
|nach
oben|
6. Welche
Städte sind in welchem Umfang beteiligt?
Ø
An
der Studie beteiligen sich Bonn (100 Patienten), Frankfurt am Main
(200), Hamburg (460), Hannover (140), Karlsruhe (60), Köln
(100) und München (60).
Ø
In Hamburg und Frankfurt werden alle „Studienarme“
belegt. In Köln und München wird als psychosoziale
Begleittherapie nur Case Management, in Bonn und Karlsruhe nur
Drogenberatung mit Psychoedukation durchgeführt.
|nach
oben|
7.
Wie
läuft
die Medikamentenvergabe praktisch
ab?
Ø
Die
in die Untersuchung einbezogenen Drogenabhängigen der Experimentalgruppe
erhalten in speziell dafür geschaffenen
Drogenambulanzen oder entsprechenden Abteilungen von Krankenhäusern
bis zu dreimal täglich injizierbares reines Heroin (Diacetylmorphin).
Die Patienten spritzen sich das Medikament, das sie in einer
bereits aufgezogenen Spritze bekommen, unter Aufsicht in
speziellen Räumen unter hygienisch einwandfreien Bedingungen.
Ø
Die
Kontrollgruppe erhält in den bereits vorhandenen Einrichtungen
einmal täglich orales Methadon. Eine einmalige Vergabe pro
Tag ist hier ausreichend, da die Wirkung des Methadons
deutlich länger anhält als beim Heroin.
Ø
Alle
Patienten werden regelmäßig medizinisch untersucht und nehmen an
psychosozialen Begleitbehandlungen teil.
|nach
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8.
Ist
im Umfeld der Vergabestellen mit Beeinträchtigungen zu
rechnen?
Ø
Da
die Patienten in den Vergabestellen Heroin erhalten und dies
folglich nicht mehr auf dem Schwarzmarkt bzw. der
Drogenszene kaufen müssen,
ist nicht zu erwarten, dass sich vermehrt Dealer ausgerechnet
im Umfeld dieser Einrichtungen aufhalten.
Ø
Die
Vergabestellen werden zudem über Hausordnungen und in
der Nachbarschaft geltende Regeln darauf hinwirken, dass sich der Eingangsbereich der
Einrichtungen nicht zu einem Treffpunkt entwickelt, sondern
Gespräche usw. in die Einrichtung hinein verlagert werden.
Ø
Auch ausländische Erfahrungen in
der Schweiz und in den Niederlanden haben gezeigt, dass sich Einrichtungen zur
Heroinvergabe gut in ein Stadtviertel integrieren lassen.
|nach
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9.
Wie
sieht der derzeitige Zeitplan aus?
Ø
Voraussetzungen:
Das Modellprojekt konnte beginnen, nachdem
§
das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
das wissenschaftliche Studiendesign zum Modellversuch
geprüft und ihm zugestimmt hat (dies ist im August 2001
geschehen),
§
die regionalen Ethikkommissionen, die für die einzelnen
Studienzentren zuständig sind, hierzu ein positives Votum
erteilt haben,
§
die
personenbezogenen betäubungsrechtlichen Ausnahmegenehmigungen
für die ärztliche Vergabe von Heroin erteilt worden sind und
§
die beteiligten Städte vor Ort die räumlichen und
personellen Voraussetzungen geschaffen haben (Anmietung von
Behandlungsräumen, Einstellung von Ärzten usw.).
Ø
Start: Die heroingestützte Behandlung
in den teilnehmenden Städten läuft. Das Anmeldeverfahren
für Patienten ist abgeschlossen.
Ø
Die individuelle Studiendauer für jeden Patienten
beträgt 24 Monate, aufgeteilt in zwei Studienphasen von
jeweils 12 Monaten Dauer.
|nach
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10.
Wo
bekomme ich weitergehende Informationen?
Ø
Für Opiatabhängige, Angehörige und an den Projekten
interessierte Bürgerinnen und Bürger werden in den
beteiligen Städten lokale
Info-Hotlines geschaltet.
Ø
Aktuelles, weitere Informationen und eine Kurzfassung des
Studiendesigns sind im Internet unter der Adresse http://www.heroinstudie.de
nachzulesen.
Ø Journalistinnen und Journalisten erhalten u.a. hier
weitergehende Informationen:
§ Bundesministerium für Gesundheit, Pressereferat, Tel.
+49 (0)1888 527-2225
§
Pressestellen
der beteiligten Gesundheits- und Sozialbehörden auf Landes-
und Städteebene
|nach
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