Erfahrungsbericht
eines Patienten im Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung
Opiatabhängiger
Studienbericht
über 3 Jahre
Um
mit meinem Bericht richtig anzufangen, sollte ich erst einmal
über den schlechten Zustand nach 14 Jahren illegalen Drogenkonsum
berichten.
Ich
wog nur 48 Kilo, bei einer Größe von 1,70 m. Mein Körper
war übersät mit kleinen Abszessen und ich kam gerade aus
dem Krankenhaus wo man mir einen „Tennisball großen“ Abszess
aus dem Oberschenkel schnitt. Meine Adern waren durch das
verdreckte Straßenheroin so verstopft, dass es meist Stunden
dauerte, um mir einen „Schuss“ zu setzen. Außerdem litt
ich unter starken Depressionen mit mehreren Selbstmordversuchen.
Das tägliche „Geldmachen“ und Drogen organisieren machte
mich krank. Mindestens zweimal im Jahr versuchte ich, im
Krankenhaus von meiner Sucht los zu kommen. Mit keinem großen
Erfolg. Auch der Versuch mit L-Polamidon über die “Runden“
zu kommen scheiterte. Zum Schluss war mein Beikonsum größer
als ohne das Programm. Das zusätzliche Koks machte mich
kaputt. Sehr wahrscheinlich war das einer der Gründe meiner
Depressionen.
Nach
einem weiteren Selbstmordversuch, suchte ich bei einem Psychologen
ärztliche Hilfe, wo ich auch von der Heroinstudie erfuhr.
Nachdem ich alle Kriterien erfüllte, begann ich mit der
Heroinstudie Anfang September 2002. Nach der Einstellung
auf das Medikament konnte ich mich auf meine beruflichen
Pläne konzentrieren. Zuerst besuchte ich einige Kurse an
der VHS, wo ich auch den Umgang mit einem Computer erlernte.
Dieses sollte mir für meinen beruflichen Werdegang noch
nützlich sein. Der abheilende Abszess wurde regelmäßig in
der Einrichtung behandelt. Auch die aufkommenden Krankheiten,
wie Grippe wurden in der Studie behandelt. Ich nahm nach
langer Zeit wieder zu und vergrößerte mein Gewicht auf 70
Kilo.
Auch
baute ich den Kontakt zur Familie wieder auf, der auf das
Minimum reduziert war. Sie hatten meine Drogensucht, in
allen schlimmen Situationen miterlebt. Ich wurde wieder
zu Geburtstagen und Weihnachtsfeiern eingeladen, was ein
tolles Gefühl war, wieder ein Teil der Familie zu sein.
Mitte
2004 bekam ich eine Anstellung bei XY, als Entrümpler und
Möbelpacker. Leider musste ich die Tätigkeit nach 4 Wochen
aufgeben. Nach so langem illegalen Drogenkonsum, lies mein
Körper keine Anstrengung mehr zu. Schnell fand ich eine
Anstellung in einem Büro, wo ich Haushaltsbefragung am Telefon
durchführte. Hier halfen mir die erlernten Computerkenntnisse.
Anfang März 2005 meldete sich XY bei mir und bot mir eine
Stelle in deren Cafe an. Dort sollte ich im Service aushelfen.
Ich kündigte meine Anstellung im Büro und arbeite jetzt
seit Mitte März mit viel Freude und Einsatz im Cafe. Außer
einigen wenigen Rückfällen bin ich beikonsumfrei.
Alles was ich erreicht habe, habe ich der Heroinstudie zu
verdanken. Ohne das Medikament würde ich jetzt noch einsam
in meiner Wohnung sitzen, zusätzlich Staßenheroin spritzen
und nicht am Leben teilnehmen. Ich bitte die Damen und Herren
die über meine weitere Zukunft entscheiden, dies alles zu
berücksichtigen.
Peter
10. November 2005
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